Publiziert am 10. März 2010
Nachdem ich euch schon berichtet habe Wie in Moskau Fotokabinen funktionieren und Wie man im Studentenwohnheim die Heizung reguliert, will ich nun eine weitere Anekdote aus meinem Moskauer Leben erzählen.
Wer sich in Moskau abends oder nachts fortbewegen möchte, greift früher oder später auf eines dieser inoffiziellen Taxis zurück. Man braucht einfach nur die Hand raushalten und innerhalb einer kurzen Zeit hält ein Auto an, man macht die Beifahrertür auf und verhandelt schnell den Preis.
Etliche in Moskau verdienen sich auf diese Weise ein Zubrot, für manch einen dürfte es sogar der einzige Job sein.
Kaum hatten wir den Finger rausgehalten, hielt auch einer dieser alten Ladas an, und nach kurzer Verhandlung stand fest, dass wir von der Uni bis ins Stadtzentrum 250 Rubel zahlen würden. Natürlich wollte ich diese Chance auch nutzen und mehr über Russland und die Moskauer zu erfahren.
Nach einem kurzen Thematischen Einstieg – das Moskauer Wetter – sprang er auf ein anderes Thema mit den Worten: „Ich war in Afghanistan. (Die Armee der Sowjetunion war von 1979-1989 in Afghanistan, hier eine kurze pdf – Zusammenfassung zum Afghanistankrieg mit Fotos). Damals war es dort genauso wie heute, es ist ein Krieg der nicht gewonnen werden kann, ein Krieg bei dem es keinen Sieg gibt.Es war grausam, man hatte nur die Wahl, töten oder getötet werden, ich habe 73 getötet.
Wir fuhren 70 km/h, er hatte eine Hand am Lenkrad, und mit einen Mal zog er blitzschnell ein Messer aus der Jackentasche, und deute mit dem Messer mehrmals mit einer schnellen Schneidebewegung von links nach rechts quer über den Hals an, wie dies wohl damals ausgesehen haben möge. Danach warf er einen Blick über die Schulter und schaute ob wir auch verstanden hatten was er uns mitteilen wollte.
Ja, in solchen Momenten wird man schnell ruhig und sieht das Leben mit anderen Augen ?
Dann steckte er das Messer wieder ein und das Gespräch ging weiter. Er sei Kommunist, nach der Rückkehr aus Afghanistan sei es ihm nicht schlecht ergangen, er habe sofort einen Job gefunden und sei auch ein „Held der Sowjetunion“ – ich nehme an das er damit die höchste Auszeichnung der Sowjetunion meinte, welche 12600 vergeben wurde, allerdings 11000 mal für den grossen Vaterländischen Krieg (2. Weltkrieg), konnte keine Informationen finden, wieviel im Afghanistankrieg ausgezeichnet wurden.
„Am schlimmsten ist die Zeit von Gorbatschow und Jelzin gewesen, da ging alles den Bach runter.“ Ja, Michael Gorbatschow ist in Russland wirklich nicht sehr populär – ein russischer Freund meinte nur ironisch zu mir: „Hast Du gehört wo M. Gorbatschow dieses Jahr Geburtstag (2. März) gefeiert hat? – Er ist wieder mal nach Deutschland geflogen, und hat sich neue Auszeichnungen schenken lassen.“
„Seit Putin und Medwedew regieren ist die Lage deutlich besser geworden.“
Nachdem ja in der letzten Woche das Magazin eine Umfrage zum Thema „Wer bedroht Russland?“ gemacht hatte, wollte ich seine Meinung dazu hören.
„Russland kann glücklich sein, heutzutage haben wir keine Feinde mehr. Das einzige Problem was wir haben betrifft alle Länder der Welt: Terrorismus.“
Ein paar Minuten später stiegen wir an unserem Ziel aus – natürlich nicht ohne vorher den Fahrpreis zu bezahlen ?
Man kann also in einem inoffiziellen Moskauer Taxi alles haben – Abenteuer & Unterhaltung.
Kleine Anekdote aus Russland:
Ein Spanier aus meinem Russisch Sprachkurs wollte sich abends nur ein paar Strassenblöcke weit weg bringen lassen und daher nicht mehr als 150 Rubel zahlen, er sprach eine Gruppe von „Taxifahrern“ an aber alle warteten auf einen grossen Fisch der durch die halbe Stadt gefahren werden möchte.
Da kam ein junger Taxifahrer auf ihn zu und meinte: Ja er fährt ihn für den Preis dorthin. Kaum sassen sie im Taxi drehte sich der Fahrer um und fragte ihn: „Wo ist das überhaupt?“
Spanier:“Was ist dein Beruf?“ Antwort: „Taxifahrer“ Spanier lachend: „Nein!“ Antwort lachend: „Doch!“.
Nach einem kurzen Gespräch stellte sich heraus das er erst seit einem halben Jahr aus Tadschikistan nach Moskau gekommen war und die Stadt noch nicht sehr gut kannte. Unser Russischlehrer meinte, dass es sehr häufig der Fall sei das man auf Taxifahrer trifft die Moskau überhaupt nicht kennen, aber auf den Verdienst angewiesen sind.